Durch die Digitalisierung werden immer mehr Aufgaben von Computern wahrgenommen, die früher von Menschen verrichtet worden sind (z.B. Selbstbedienungskassen). Ein Computer kann aber nicht i.S.v. § 263 StGB getäuscht werden, da keine intellektuelle Einwirkung auf das Vorstellungsbild eines anderen Menschen erfolgt. Zur Schließung von Strafbarkeitslücken beim Betrug wurde daher der Tatbestand des Computerbetrugs (§ 263a StGB) geschaffen.
I. Tatbestand 1. Grundtatbestand, § 263a I StGB a) Objektiver Tatbestand aa) Tathandlungen (1) Unrichtige Gestaltung des Programms, § 263a I Var.1 StGB (2) Verwendung unrichtiger oder unvollständiger Daten, § 263a I Var.2 StGB (3) Unbefugte Verwendung von Daten, § 263a I Var.3 StGB (4) Sonstige unbefugte Einwirkung auf den Ablauf, § 263a I Var.4 StGB bb) Beeinflussung des Ergebnisses eines Datenverarbeitungsvorgangs cc) Vermögensschaden b) Subjektiver Tatbestand aa) Vorsatz bzgl. objektiven Tatbestandes bb) Bereicherungsabsicht 2. Qualifikation, § 263a II StGB, § 263 V StGB II. Rechtswidrigkeit III. Schuld IV. Strafzumessung, § 263a II StGB, § 263 III StGB V. Tätige Reue, § 263a IV StGB |
I. Tatbestand
1. Grundtatbestand, § 263a I StGB
a) Objektiver Tatbestand
aa) Tathandlungen
- Vier Tatbestandsvarianten (vs. Täuschung, Irrtum, Vermögensverfügung).
(1) Unrichtige Gestaltung des Programms, § 263a I Var.1 StGB
- Programm: Eine durch Daten fixierte Arbeitsanweisung an den Computer
- Daten sind alle codierten und codierbaren Informationen unabhängig vom Verarbeitungsgrad (vgl. § 202a StGB)
- Gestalten: Das erstmalige Erstellen und das nachträgliche Ändern
(P) Unrichtiges Gestalten? M1: Zivilrechtlicher Maßstab => Subjektiv Die Programmgestaltung ist unrichtig, falls das Programm vom Willen des Verfügungsberechtigten (Systembetreiber, Auftraggeber) abweicht. Es ist subjektiv auf dessen Willen abzustellen (vgl. zivilrechtlicher Fehlerbegriff). M2: Betrugsähnlicher Maßstab => Objektiv Die Programmgestaltung ist unrichtig, falls das Programm die Aufgabe, für die es entwickelt wurde, nicht ordnungsgemäß erfüllt (vgl. Unwahrheit einer Tatsache beim Betrug). Es ist objektiv auf die ordnungsgemäße Aufgabenbewältigung abzustellen. |
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- Da sich ein Programm aus Daten zusammensetzt, stellt die Programm-Manipulation lediglich einen Unterfall der Verwendung unrichtiger oder unvollständiger Daten dar.
(2) Verwendung unrichtiger / unvollständiger Daten, § 263a I Var.2 StGB
- Daten sind alle codierten und codierbaren Informationen unabhängig vom Verarbeitungsgrad (vgl. § 202a StGB)
- Inputmanipulation
- Unrichtig: Daten entsprechen nicht der Wirklichkeit
- Unvollständig: Falsche Wiedergabe von Daten, da relevante Informationen weggelassen werden (BGH NJW 2013, 2608, 2610)
(3) Unbefugte Verwendung von Daten, § 263a I Var.3 StGB
- Daten sind alle codierten und codierbaren Informationen unabhängig vom Verarbeitungsgrad (vgl. § 202a StGB).
(P) Unbefugtes Verwenden von Daten M1: Computerspezifische Ansicht Unbefugte Verwendung: Die Einwirkung auf das System überwindet eine bereits bestehende Sicherung durch nicht ordungsgemäßes Bedienen. Der entgegenstehende Wille des Berechtigten hat sich im Datenverarbeitungsvorgang niedergeschlagen. (-) Keine eindeutige Aussage darüber, welche Vorgänge im Einzelfall „computerspezifisch“ (-) § 263a I Var.3 StGB hätte neben § 263a I Var.2 StGB keine eigenständige Bedeutung M2: subjektive Ansicht Unbefugte Verwendung: Die Einwirkung auf das System widerspricht dem Willen des Verfügungsberechtigten über die Datenverarbeitungsanlage, überschreitet also das vertraglich vereinbarte Dürfen. (-) Vertragswidrigkeiten unter Strafe gestellt, da jede dem Willen des Berechtigten zuwiderlaufende Verwendung erfasst => Zu weite Ausdehnung des Anwendungsbereichs (-) Subjektiver Wille in der Praxis nur sehr schwer nachweisbar. (-) § 263a StGB soll Strafbarkeitslücken beim Betrug schließen => Dort: Objektiv M3: betrugsspezifische Auslegung Unbefugte Verwendung: Die Einwirkung auf das System muss täuschungsäquivalent bzw. betrugsspezifisch sein. Das bedeutet, dass wenn eine vergleichbare Handlung einer natürlichen Person gegenüber vorgenommen würde, eine zumindest konkludente Täuschung oder eine Täuschung durch Unterlassen bezüglich einer vorhandenen Befugnis vorliegen würde. (+) § 263a StGB soll Strafbarkeitslücken beim Betrug schließen |
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(4) Sonstige unbefugte Einwirkung, § 263a I Var.4 StGB
- Auffangtatbestand (Hierzu auch: Missbrauch von Geldspielautomaten)
bb) Beeinflussung des Ergebnisses eines Datenverarbeitungsvorgangs
- Datenverarbeitung: Technische Vorgänge, bei denen durch Aufnahme von Daten und ihre Verknüpfung nach Programmen Arbeitsergebnisse erzielt werden.
- Beeinflussung des Ergebnisses: (Mit-)Ursächlichkeit für das Ergebnis des Datenverarbeitungsvorgangs (vs. irrtumsbedingte Vermögensverfügung)
(P) Beeinflussung durch Starten eines Datenverarbeitungsvorgangs M1: Beeinflussung (-), bei Starten eines Datenverarbeitungsvorgangs Der Datenverarbeitungvorgang muss bereits in Gang gesetzt sein. (+) Begriff „Eingriff“ (bereits laufender Vvorgang muss unterbrochen werden) (-) Beeinflussung stellt auf Ergebnis des Datenverarbeitungvorgangs ab M2: Beeinflussung (+), bei Starten eines Datenverarbeitungsvorgangs Es genügt, dass der Datenverarbeitungsvorgang durch Beeinflussung erst gestartet wird. (+) Auslösen des Prozesses ist sogar noch intensivere Form der Einflussnahme (-) Norm erfasst manipulative Einwirkung auf Datenverarbeitungsvorgänge, nicht die unbefugte Nutzung von Datenverarbeitungsanlagen |
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cc) Vermögensschaden
- Vermögensschaden: Differenz des Vermögens vor und nach der Verfügung => unmittelbar vermögensschädigendende Auswirkung
b) Subjektiver Tatbestand
aa) Vorsatz bzgl. objektiven Tatbestandes
bb) Bereicherungsabsicht
- Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen
- Rechtswidrigkeit: Es darf kein rechtlich begründeter Anspruch bestehen.
- Stoffgleichheit: Die erstrebte Bereicherung und der Schaden beruhen auf derselben Beeinflussung des Ergebnisses eines Datenverarbeitungsvorgang.
2. Qualifikation, § 263a II StGB, § 263 V StGB
- § 263a II StGB: § 263 II – VI StGB gilt entsprechend.
- § 263 V StGB: Gewerbsmäßige Begehung eines Betrugs als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 – 264 StGB oder 267 – 269 StGB verbunden hat.
II. Rechtswidrigkeit
- Allgemeine Grundsätze
III. Schuld
- Allgemeine Grundsätze
IV. Strafzumessung, § 263a II StGB, § 263 III StGB
- § 263a II StGB:
- § 263 II – VI StGB gilt entsprechend
- § 263 III StGB
- Gewerbsmäßiger Betrug, § 263 III Nr.1 StGB
- Vermögensverlust großen Ausmaßes, § 263 III Nr.2 StGB
- Wirtschaftliche Notlage, § 263 III Nr.3 StGB
- Amtsträger, § 263 III Nr.4 StGB
- Vortäuschen eines Versicherungsfalls, § 263 III Nr.5 StGB
V. Tätige Reue, § 263a IV StGB
- In den Fällen des § 263a II StGB gilt § 149 II & III StGB
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