Ermächtigungsgrundlagen im Polizeirecht · Polizeirecht BW

Das Polizeirecht als Eingriffsrecht greift zumeist in die Grundrechte der Betroffenen ein. Daher bedarf es nach dem Grundsatz des Vorbehalt des Gesetzes für das polizeiliche Handeln einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Welche Ermächtigungsgrundlagen das sind und in welchem Verhältnis diese zueinander stehen, soll in diesem Beitrag besprochen werden.

A. Überblick

Zunächst sollte festgestellt werden, wer gehandelt hat oder handeln soll. Denn nur eine Ermächtigungsgrundlage, welche die Polizei zum Handeln ermächtigt (Gegenbeispiel: § 47 LBO ermächtigt nur „Baurechtsbehörden“, niemals aber die Polizei). Erst nach diesem Gedankenschritt begibt man sich auf die Suche nach „passenden“ Ermächtigungsgrundlagen.

Grübelt man über eine Ermächtigungsgrundlage nach, schießt den meisten Studenten direkt die polizeirechtliche Generalklausel (§§ 1, 3 PolG) in den Kopf. Kurz bremsen: Bereits die Begrifflichkeit „Generalklausel“ zeigt, dass es speziellere Ermächtigungsgrundlagen gibt. Diese finden sich in einigen Spezialgesetzen oder als Standardmaßnahmen im Polizeigesetz.

I. Spezialgesetzliche Ermächtigungsgrundlagen

Eventuell gibt es eine spezialgesetzliche Ermächtigungsgrundage, also ein Spezialgesetz außerhalb des Polizeigesetzes (PolG), auf welches sich das Handeln der Polizei stützen kann.

Solche finden sich z.B. in der Gewerbeordnung (§§ 15 II, 35 GewO), im Versammlungsgesetz (§§ 5, 15 VersG) und im Bundesimmissionsschutzgesetz (§§ 172024–29 BImSchG).

Oft werden entsprechende Normen im Sachverhalt erwähnt, wenn sie in der Klausur von Bedeutung sind. Sofern Sie abschließenden Charakter haben, ist ein Rückgriff auf das Polizeigesetz versperrt. Andernfalls kommen wir weiter zu den Standardmaßnahmen.

II. Standardmaßnahmen, §§ 19 ff., 26 ff. PolG

Die polizeitlichen Standardmaßnahmen sind in den §§ 19 ff., 26 ff. PolG geregelt. Dies sind spezielle Ermächtigungsgrundlagen, die besonderes polizeitypisches Handeln („Standard“) regeln. Die dort genannten Befugnisse können stark in die Grundrechte der Bürger eingreifen (z.B. Betreten und Durchsuchen von Wohnungen nach § 31 PolG vs. Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art. 13 GG) und sind deshalb an engere Voraussetzungen als die polizeirechtliche Generalklausel geknüpft (z.B. richterliche Anordnung, § 31 V PolG). Hieraus ergibt sich auch deren Vorrang und der Grund, warum ein Rückgriff auf §§ 1, 3 PolG versperrt ist, wenn sich ein polizeiliches Handeln als Standardmaßnahme subsumieren lässt.

III. Polizeirechtliche Generalklausel, §§ 1, 3 PolG

Erst jetzt, nachdem wir uns mit spezielleren Ermächtigungsgrundlagen auseinandergesetzt haben bzw. eine gedankliche Bremse eingelegt haben, können wir mit der polizeirechtlichen Generalklausel (§§ 1, 3 PolG) Vollgas geben. Ein Einschreiten der Polizei ist danach, sofern keine speziellere Ermächtigungsgrundlage greift, zulässig, wenn eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder öffentliche Ordnung vorliegt. Damit werden wir uns noch intensiv beschäftigen.

B. Fazit

Was hängen bleiben sollte: Bevor man in das Eifer des Gefechts einer Klausur schreitet, sollte man sich kurz die Systematik der polizeirechtlichen Ermächtigungsgrundlagen klar machen. Hilfreich ist es, nach der Analyse des Sachverhalts, jeweils zwischen den einzelnen polizeilichen Maßnahmen zu untergliedern und für das jeweilige Handeln eine Ermächtigungsgrundlage zu finden und sodann zu prüfen, ob die polizeiliche Maßnahme formell und materiell rechtmäßig ist.


LG JuraQuadrat · §² · Jura macht Spaß

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