Meine Erfahrungen: Mündliche Prüfung · Studium & Lernen

Vor einem Monat habe ich meine mündliche Prüfung im ersten juristischen Staatsexamen erfolgreich hinter mir gebracht. Eine gute Gelegenheit mit euch meine Erfahrungen zu teilen.

Wann wird man zur mündlichen Prüfung zugelassen?

Die Voraussetzungen für die Zulassung zur mündlichen Prüfung regelt § 16 JAPrO in Baden-Württemberg. Erforderlich ist hierfür ein Durchschnitt von mindestens 3,75 Punkten in den schriftlichen Aufsichtsarbeiten und mindestens 4,00 Punkte in drei Aufsichtsarbeiten. Davon muss man mindestens eine der drei Zivilrechtsklausur mit 4,00 Punkten bestanden haben.

Wer im schriftlichen Teil der Staatsprüfung eine Durchschnittspunktzahl gemäß § 19 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 von mindestens 3,75 Punkten und in wenigstens drei Aufsichtsarbeiten, davon in mindestens einer zivilrechtlichen Aufsichtsarbeit, einen Durchschnitt von 4,0 oder mehr Punkten erreicht hat, wird mündlich geprüft. Wer diese Voraussetzungen nicht erfüllt, ist von der mündlichen Prüfung ausgeschlossen und hat die Staatsprüfung nicht bestanden.

Anforderungen für mündliche Prüfung erfüllt? Und jetzt?

Erfüllt man diese Voraussetzungen, wird man zur mündlichen Prüfung eingeladen. Nach dem langen Zitieren um die Examens-Ergebnisse erhält man ein Schreiben mit den Resultaten und eine Einladung zur mündlichen Prüfung. In meinem Durchgang gab es noch das Problem mit der Nachklausur im Strafrecht. Ich habe zunächst die Resultate der Aufsichtsarbeiten, ohne mein Ergebnis im Strafrecht erhalten. Das war schon nervig. Aber egal: Letztlich wurde ich eingeladen.

Jetzt war ein letzter Kraftakt erforderlich. Nach der stressigen Vorbereitung für die schriftlichen Aufsichtsarbeiten im Zivilrecht, Öffentlichen Recht und Strafrecht sollte man die Chance nutzen, um sich auf die mündliche Prüfung vorzubereiten. Das kann die Gesamtnote etwas verbessern.

Wie bereitet man sich auf die mündliche Prüfung vor?

Kenne deine Prüfer!

Nach den schriftlichen Prüfungen folgt die Vorbereitung auf die mündliche Prüfung. Bevor man direkt planlos loslegt, sollte man sich erst vergewissern, was einen in der mündlichen Prüfung erwartet. Abgeprüft werden Fragestellungen im Zivilrecht, Öffentlichen Recht und Strafrecht. Hier sollte vor allem das Basis-Wissen sitzen. Eine gute Möglichkeit ist es, sich Basis-Skripte nochmal durchzulesen und einige Schemata zu pauken bzw. zu wiederholen. Was aber noch wichtiger ist: Kenne deine Prüfer! Je nach Sichtweise sind die Prüfer deine „Endgegner“ bzw. deine „Freunde“. In der Einladung zur mündlichen Prüfung werden deine drei Prüfer namentlich genannt. Deshalb empfiehlt es sich Prüfungsprotokolle vergangener Prüfungen zu besorgen.

In meinem Fall hat die Fachschaft Jura in Mannheim einen solchen Service angeboten. Für einen Pfand von 25€ konnte man sich per Mail, die Prüfungsprotokolle zu seinen Prüfern bestellen.

Diese waren wirklich hilfreich. Denn in den Prüfungsprotokollen haben vergangene Prüflinge ihre Prüfungssituation geschildert und die Prüfer inhaltlich besser eingeordnet. In anderen Worten: Man erhält einen Eindruck, wer einem in der mündlichen Prüfung begegnen wird und welche Fragestellungen bzw. Themen gerne abgeprüft werden. Das ist natürlich keine Garantie dafür, dass genau diese Inhalte abgefragt werden. Eine Orientierung, die einem etwas Sicherheit schafft, ist es allemal. Ich empfehle jedem, sich die Prüfungsprotokolle rechtzeitig zu besorgen.

Kenne deine Mitstreiter!

Eine weiterer Tipp: Die mündliche Prüfung ist keine One-(Wo)Man-Show. In der Regel wirst du mit 2 -3 weiteren Prüflingen die Prüfungssituation absolvieren. Es lohnt sich daher über Social-Media oder andere Kontakte herauszufinden, mit wem man zusammen abgeprüft wird. Nicht nur kann man sich dann gemeinsam vorbereiten, sondern kann sich im Voraus mit seinen „Alliierten“ koordinieren. Ich selbst habe festgestellt, dass der Erfolg in der mündlichen Prüfung maßgeblich vom „flüssigen Zusammenspiel“ aller Akteure abhängt. Deshalb: Kenne deine MitstreiterInnen!

Empfehlenswert ist weiterhin die Ausschau nach anderen Prüflingen, mit den selben Prüfern. Schließlich sind Prüfer auch Menschen und neigen eventuell dazu, am selben Tag das selbe Thema genauso oder abgewandelt zu prüfen. Zumindest hat meine Insider-Information aus der Vorgruppe, uns vorangebracht. Ich habe eine Person angeschrieben, die ich nicht kenne. Haha.

Wie lief die mündliche Prüfung ab?

Meine Gruppe wurde für 15 Uhr (oder was es 15:30 Uhr?) zur mündlichen Prüfung geladen. Die gleichen Prüfer haben um 9 Uhr eine andere Gruppe abgefragt. Hoffentlich gut vorbereitet und schick bzw. angemessen gekleidet, hat man sich – etwas früher – zum Prüfungsort begeben.

Im Prüfungsraum: Corona-Umstände

Pünktlich zur genannten Uhrzeit haben uns die Prüfer in den Prüfungsraum gelassen. Wir waren drei Studierende, die sich auf die zugeordneten Plätze im Prüfungsraum eingefunden haben. Durch die ganze Corona-Situation war es etwas komisch. Die Prüfer-Front war durch Plexiglas und Mindestabstand separiert. Wir Studierenden saßen umrandet von Plastikscheiben bzw. Plexiglas an unseren voneinander separierten Tischen. Ein ungewohnte Szene, aber zur Sicherheit aller wohl nicht schlecht. Ich hatte letztes Jahr Corona und wünsche es keinem.

Die Prüfung: „Sie sind nicht in einem Kriegstribunal“

Begrüßung und Zivilrecht

Das Prüfungskomitee der drei Prüfer und vor allem der Prüfungsvorsitzende begrüßt uns. Zum Beginn der Prüfung wird noch ein Witz an uns gerichtet, der uns beruhigen soll: „Sie sind nicht in einem Kriegstribunal.“ Wir fangen mit Zivilrecht an. In der Regel werden wir dabei nacheinander abgefragt. Manche Fragen werden offen in die Runde gestellt. Inhaltlich geht es vor allem um Schuldrecht gemischt mit Internationales Privatrecht. Die Prüfungsprotokolle bestätigen die Richtung, in welche die Fragen gehen. Es sind nicht die selben Fragen, aber das Themenfeld ist gut getroffen. Hilfreich war es auch aktuelle Rechtsprechung und paar aktuelle gesellschaftliche Jura-Probleme zu kennen. Danach wurde eine Pause eingelegt, in der sich die Prüfer beraten.

Strafrecht

Weiter ging es mit Strafrecht. Hier hat man uns vor Strafprozessrecht (Prüfungsprotokolle) vorgewarnt. Das kam weniger dran, als wir dachten. Schwerpunkt waren insbesondere Irrtums-Konstellationen. Zivilrecht und Strafrecht waren nach unserem Eindruck nicht schlecht gelaufen. In der nächsten Pause (man wird von den Prüfern stets rausgebeten) hab wir unsere Antworten evaluiert. Diskutiert, was uns noch erwartet. Wir hatten ein solches Gemeinschaftsgefühl, dass wir alle in einem Boot sitzen. Natürlich teils freudig, teils besorgt. Man ist etwas aufgeregt.

Öffentliches Recht

Der letzte Teil – Öffentliches Recht – verlief semi-optimal. Das lag aber nicht daran, dass der Prüfer fiese Fragen gestellt hat – im Gegenteil – und auch nicht daran, dass es uns an Wissen gefehlt hat. Wir sind hier nicht auf den „Vibe“ gekommen, sodass die Zahnräder in diesem Teil etwas langsamer liefen. Ich selbst hatte peinliche Gedanken-Blockaden an manchen Stellen.

Das Finale: Die Resultate

Schon war die Prüfung rum. Jeder Teil hat 30 Minuten (wir waren drei Leute, sonst 40 Minuten) in Anspruch genommen. 1,5 Stunden plus Pausen. Aus den Blicken der Prüfer sieht man gut, was gut und was schlecht läuft. Unser Gefühl hat sich getrübt. Ein letztes Kommentar: „Vielleicht sind Sie doch vor einem Kriegstribunal.“ Damn it! Nach der Beratung der Prüfer wurden uns unsere Ergebnisse mitgeteilt. Wir konnten nachhaken, wie diese Resultate zustande gekommen sind. Unser Eindruck hat sich bestätigt: Mit Zivilrecht und Strafrecht waren wir alle glücklich, nur Öffentliches Recht war ein kleiner Knick. Insgesamt waren alle Prüfer sehr wohlwollend. Niemand möchte den Studierenden etwas reindrücken. Im Gegenteil: Man hat sich am Anfang der Prüfung über unseren zukünftigen Weg erkundet und uns am Schluss für das erfolgreiche Bestehen des 1. juristischen Staatsexamen gratuliert. Anders formuliert: Ich bin Diplomjurist!


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LG JuraQuadrat · §² · Jura macht Spaß

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