Organstreitverfahren · Art. 93 I Nr.2 GG, §§ 13 Nr.6, 76 ff. BVerfGG · Staatsrecht

Im Organstreitverfahren nach Art. 93 I Nr.1 GG, §§ 13 Nr.5, 63 ff. BVerfGG wird über die Auslegung des Grundgesetzes aus Anlass von Streitigkeiten über Umfang von Rechten und Pflichten eines obersten Bundesorgans oder anderer Beteiligter, die durch Grundgesetz oder Geschäftsordnung eines obersten Bundesorgans mit eigenen Rechten ausgestattet sind, gestritten.

Prüfungsschema

Das Organstreitverfahren hat Aussicht auf Erfolg, wenn es zulässig und begründet ist.

I. Zulässigkeit Organstreitverfahren

Der Antrag muss zulässig sein.

1. Zuständigkeit des BVerfG

Zuständig für das Organstreitverfahren ist nach Art. 93 I Nr.1 GG, §§ 13 Nr.5 BVerfGG das Bundesverfassungsgericht (BVerfG).

2. Beteiligten- bzw. Parteifähigkeit

Das Organstreitverfahren ist ein kontradiktorisches Verfahren. Das bedeutet, dass Antragsteller und Antragsgegner beteiligtenfähig sein müssen. Der Personenkreis ist in Art 93 I Nr.1 GG, § 63 BVerfGG geregelt.

Wortlaut Art. 93 I Nr.1 GG

Oberste Bundesorgane

Die durch Grundgesetz oder Geschäftsordnung eines obersten Bundesorgans mit eigenen Rechten ausgestatteten andere Beteiligte

Wortlaut § 63 BVerfGG

Bundespräsident

Bundestag

Bundesrat

Bundesregierung

Die durch Grundgesetz oder Geschäftsordnung des Bundestags oder Bundesrates mit eigenen Rechten ausgestatteten Teile dieser Organe

(P) Art. 93 I Nr.1 GG vs. § 63 BVerfGG

§ 63 BVerfGG wird als einfaches Gesetzesrecht verfassungskonform ausgelegt. Während die Beschränkung auf den dort aufgezählten Personenkreis nicht verfassungsgemäß ist, stellt die Erweiterung auf Organteile eine zulässige Interpretation von Art. 93 I Nr.1 GG dar.

Beachte

§ 18 III PUAG (Untersuchungsausschuss) als lex specialis

3. Antragsgegenstand

Tauglicher Verfahrensgegenstand ist nach Art. 93 I Nr.1 GG die Auslegung des Grundgesetzes aus Anlass von Streitigkeiten über den Umfang der Rechte und Pflichten eines obersten Bundesorgans oder anderer Beteiligter, die durch Grundgesetz oder Geschäftsordnung eines obersten Bundesorgans mit eigenen Rechten ausgestattet sind.

Konkretisierend fordert § 64 I BVerfGG eine rechtserhebliche Maßnahme bzw. ein rechtserhebliches Unterlassen des Antragsgegners, das geeignet ist die verfassungsrechtlich gewährleiste Rechtstellung des Antragstellers zu beeinträchtigen.

4. Antragsbefugnis

Nach Art 93 I Nr.1 GG, § 64 I BVerfGG muss der Antragsteller geltend machen, durch eine Maßnahme oder Unterlassung des Antragsgegners in eigenen ihm durch das Grundgesetz übertragenen Rechten und Pflichten verletzt oder unmittelbar gefährdet zu sein. Die Möglichkeit der Verletzung von Organrechten muss also bestehen (Möglichkeitstheorie).

5. Form und Frist

Der Antrag ist nach §§ 23 I, 64 II BVerfGG unter Bezeichnung der verletzen Normen des Grundgesetzes schriftlich zu begründen. Hierfür gilt nach § 64 III, IV BVerfGG eine Frist von 6 Monaten nachdem die Maßnahme oder Unterlassung dem Antragsteller bekannt wurde.

6. Rechtsschutzbedürfnis

Erforderlich ist ein Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers. Bei Vorliegen der anderen Zulässigkeitsvoraussetzungen wird es grundsätzlich vermutet. Es entfällt ausnahmsweise, wenn der Antragssteller sein Ziel auf einfachere Weise erreichen kann.

II. Begründetheit Organstreitverfahren

Der Antrag muss begründet sein.

Dies ist nach § 67 BVerfGG der Fall, wenn die rechtserhebliche Maßnahme oder Unterlassung gegen das Grundgesetz verstößt und den Antragsteller in seinen Rechten verletzt oder unmittelbar gefährdet.

1. Rechtsposition des Antragstellers

Der Antragsteller müsste nach § 64 I BVerfGG eine verfassungsmäßig geschützte Rechtsposition, also ein durch das Grundgesetz übertragenes Recht, geltend machen können.

2. Beeinträchtigung

Der Antragsteller müsste durch die Handlung oder Unterlassung des Antragsgegners in seiner Rechtsposition beeinträchtigt worden sein.

3. Rechtfertigung der Beeinträchtigung

Die Beeinträchtigung der verfassungsmäßig geschützten Rechtsposition des Antragstellers durch eine Handlung oder Unterlassung des Antragsgegners ist verfassungswidrig, wenn keine Rechtfertigung durch das Grundgesetz bzw. durch Gesetz oder Rechtsverordnung gegeben ist.


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