Versäumnisurteil gegen den Beklagten, § 331 ZPO · Zivilprozess · ZPO

Ein Versäumnisurteil kann nach § 330 ZPO bei Säumnis des Klägers gegen den Kläger und nach § 331 ZPO bei Säumnis des Beklagten gegen den Beklagten erlassen werden. Letzterer Fall ist besonders klausurrelevant, da er ein Einfallstor ins materielle Recht bietet und damit in einer Examensklausur vorkommen kann. Setzen wir uns mit den Voraussetzungen auseinander.

A. Überblick

Voraussetzungen: Erlass eines Versäumnisurteils (VU) gegen den Beklagten, § 331 ZPO

1. Zulässigkeit der Klage
2. Prozessantrag auf Erlass eines Versäumnisurteils, § 331 I 1, III ZPO
3. Termin zur mündlichen Verhandlung, §§ 331 I, 128 ZPO
4. Schuldhafte Säumnis des Beklagten
5. Fehlen eines Unzulässigkeitsgrundes, § 335 ZPO
6. Fehlen eines Vertagungsgrundes, § 337 ZPO
7. Schlüssigkeit des klägerischen Vorbringens

B. Im Einzelnen

1. Zulässigkeit der Klage

Das Versäumnisurteil ist ein Sachurteil und ergeht nur, wenn die Sachurteilsvoraussetzungen für die Klage erfüllt sind (vgl. Musielak/Voit, § 8 Rn. 326, ZPO, 14. A, 2018, München).

2. Prozessantrag auf Erlass eines VU, § 331 I 1, III ZPO

Der Kläger muss nach § 331 I 1, III ZPO in dem Termin zur mündlichen Verhandlung, in dem der Beklagte säumig ist, einen Antrag auf Erlass eines Versäumungsurteils stellen. Dieser Prozessantrag ist darauf gerichtet den Beklagten in Form eines Versäumnisurteils zu verurteilen. Prozessanträge betrefen grundsätzlich das Verfahren (Erlass eines Versäumnisurteils), Sachanträge betreffen den Inhalt der Entscheidung (Klageanträge, Klageänderung). Zumindest sind die von den Parteien gestellten Anträge auszulegen, wobei das Gericht nach § 139 I ZPO auf eine entsprechende Klarstellung hinwirkt. Der Prozessantrag kann stillschweigend im Sachantrag liegen. Alternativ kommt, wenn zuvor mündlich verhandelt worden ist, ein vom Kläger zu beantragendes Urteil nach Aktenlage (§ 331a ZPO) oder ein Ruhen des Verfahrens (§ 251a III ZPO) infrage (vgl. Musielak/Voit, § 8 Rn. 327, ZPO, 14. A, 2018, München).

3. Termin zur mündlichen Verhandlung, §§ 331 I, 128 ZPO

Der Beklagte ist an dem Termin, der nach §§ 331 I, 128 ZPO (Grundatz der Mündlichkeit) zur notwendigen mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits vor dem Prozessgericht bestimmt ist, säumig (vgl. Musielak/Voit, § 8 Rn. 328, ZPO, 14. A, 2018, München).

4. Schuldhafte Säumnis des Beklagten

Säumig ist der Beklagte, wenn die Partei bei Aufruf der Sache nicht am richtigen Ort (§ 219 ZPO) in richtiger Art und Weise und von der festgelegten Zeit bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung (§ 220 II ZPO) nicht erschienen (§§ 330, 331 ZPO) ist oder nicht verhandelt hat (§ 333 ZPO) bzw. ihre Verteidigungsbereitschaft nach § 276 I, II ZPO im schriftlichen Verfahren nicht angezeigt hat (§ 331 III ZPO), vgl. Musielak/Voit, § 8 Rn. 329, ZPO, 14. A, 2018, München.

5. Fehlen eines Unzulässigkeitsgrundes, § 335 ZPO

Zudem darf kein Unzulässigkeitsgrund nach § 335 I ZPO vorliegen. Ansonsten darf kein Versäumnisurteil ergehen und ein darauf gerichteter Antrag ist vom Gericht zurückzuweisen. V.a. muss der Termin zur mündlichen Verhandlung nach §§ 214 ff. 217, 274 III ZPO ordnungsgemäß angeordnet werden (vgl. Musielak/Voit, § 8 Rn. 332, ZPO, 14. A, 2018, München).

6. Fehlen eines Vertagungsgrundes, § 337 ZPO

Ferner ergeht kein VU und der Termin wird von Amts wegen vertagt, wenn das Gericht nach § 337 ZPO davon überzeugt ist, dass eine vom Vorsitzenden bestimmte Einlassungs- oder Ladungsfrist zu kurz bemessen wurde oder dass die ausgebliebene Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist (vgl. Musielak/Voit, § 8 Rn. 333, ZPO, 14. A, 2018, München).

7. Schlüssigkeit des klägerischen Vorbringens

Die Schlüssigkeit der Klage auf Grundlage des Klägervortrags stellt das Einfalltor in das materielle Recht (!!!) dar. Nach der Geständnisfunktion des § 331 I 1 ZPO gilt das tätsächliche mündliche Vortragen des Klägers als zugestanden. Dementsprechend bedürfen die vom Kläger vorgetragenen Tatsachen nach § 288 I ZPO nicht des Beweises und sind vom Richter dem Urteil als feststehend zugrund zu legen vgl. Musielak/Voit, § 8 Rn. 335, ZPO, 14. A, 2018, München).

C. Fazit

Die Voraussetzungen des Versäumnisurteils solltest Du kennen. Lege bei der Vorbereitung auf das Staatsexamen das Augenmerk auf den Erlass eines Versäumnisurteils (VU) gegen den Beklagten (§ 331 ZPO). Zivilprozessrecht gewinnt im zweiten Examen noch mehr Bedeutuung.

Bildquelle: Pixabay von 3D Animation Production Company (Pixabay License)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert