Ein Staat ist nach der Drei-Elemente-Lehre ein Völkerrechtssubjekt, dessen konstituierende Merkmale das Staatsgebiet, das Staatsvolk und die Staatsgewalt bilden (vgl. G. Jellinek, Allgemeine Staatslehre, 3. Aufl. 1984, S. 87 ff.; Ipsen, StaatsR I, 31. Aufl. 2019, § 1 Rn.5).
Voraussetzungen (3-Elemente-Lehre)
(1) Staatsgebiet
(2) Staatsvolk
(3) Staatsgewalt
A. Voraussetzungen · Staatsbegriff
I. Staatsgebiet · Staatsterritorium
Staatsgebiet ist ein abgegrenzter Teil der Erdoberfläche, der beherrschbar und zum dauernden Aufenthalt von Menschen geeignet ist. Nicht entscheidend ist, ob das Territorium künstlich oder natürlich entstanden ist, sondern die dauerhafte Existenzfähigkeit des möglichen Staatsgebiets.
Problem: Künstlich errichtete Inselgruppen | Aufschüttungen auf hoher See |
II. Staatsvolk
Staatsvolk ist die Gesamtheit der durch die Herrschaftsordnung eines Staates vereinigten Menschen. Diese auf Dauer angelegte rechtliche Nähebeziehung zum Staat muss eine Schicksalsgemeinschaft („genuine link“ als steuerrechtlicher Fachbegriff) darstellen.
Grundlage ist die Staatsangehörigkeit (vgl. Art. 116 GG). Diese wird nicht durch bloße Anwesenheit auf dem Staatsgebiet begründet, sondern – je nach Rechtsordnung – durch Abstammung (ius sanguinis) oder Geburt auf dem Staatsgebiet des jeweiligen Staates (ius soli) begründet. Zusätzlich kann durch Einbürgerung die Staatsangehörigkeit erworben werden.
Problem: Mindestmaß an Zugehörigkeitsgefühl felt bei rein steuerlichen Erwägungen |
III. Staatsgewalt | Gebiets- und Personalhoheit
Staatsgewalt ist die originäre, unteilbare Herrschaftsmacht über das Gebiet (Gebietshoheit) und die dort befindlichen Personen (Personalhoheit). Der Staat kann einseitig verbindliche Regelungen und Anordnungen erlassen und erforderlichenfalls zwangsweise durchsetzen.
Deutscher in Deutschland | Gebietshoheit BRD | Personalhoheit BRD |
Russe in Deutschland | Gebietshoheit BRD | Personalhoheit RF |
Deutscher in Russland | Gebietshoheit RF | Personalhoheit BRD |
Problem: Erlass tatsächlich effektiv durchsetzbarer verbindlicher Regelungen |
B. Beispiel · Eigenen Staat gründen?
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Beispiel: A kommt auf eine clevere Idee. Er schüttet auf hoher See eine Insel auf und gründet den Staat „Steuerspar.“ Die Staatsbürgerschaft wird gegen ein Entgelt erworben und ermöglicht den Begünstigten die Anspruchnahme minimaler Steuersätze. Dabei hat sich A selbst zum Staatsoberhaupt von „Steuerspar“ ernannt und eine Verfassung für die Insel geschrieben.
Liegt hier ein Staat vor?
- Nein! Fraglich ist bereits die dauerhafte Existenzfähigkeit des Staatsgebiets (Stichwort: Insel und steigender Meeresspiegel) sowie der Erlass tatsächlich effektiv durchsetzbarer verbindlicher Regelungen. Vor allem ermangelt es aber an einem „Staatsvolk“, da rein steuerliche Erwägungen nicht das Mindestmaß an Zugehörigkeitsgefühl ausweisen.
Zu dieser Thematik auch ein Video von Christian Solmecke | WBS Law Wer Family Guy schaut, erinnert sich sicherlich auch an die Gründung von „Petoria“. |
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