Im heutigen Beitrag widmen wir uns im Familienrecht dem Verlöbnis (§§ 1297 ff. BGB) zu.
Was ist ein Verlöbnis im Rechtssinne?
Das Verlöbnis stellt das Vorstadium zur Ehe dar. Hierunter versteht man das gegenseitige (ausdrücklich oder konkludent erklärte) Eheversprechen und das dadurch begründete familienrechtliche Dauerschuldverhältnis (vgl. Schwab, FamR, § 8 Rn.39, 27. A, 2019).
Verlöbnis i.S.d. § 1297 BGB ist das gegenseitige Eheversprechen und das dadurch begründete familienrechtliche Dauerschuldverhältnis.
Welche Rechtsnatur hat das Verlöbnis?
Strittig ist, welche Rechtsnatur das Verlöbnis hat. Entscheidend ist die Einordnung beim Verlöbnis von Minderjährigen und für die Anwendbarkeit der Vorschriften der §§ 107 ff. BGB.
Vertrauenshaftungstheorie
Nach der Vertrauenshaftungstheorie kommt das Verlöbnis durch erkennbares Vertrauen beider Ehegatten in das Eheversprechen zustande. Es wird keine primäre Pflicht zur Heirat begründet. Das Verlöbnis ist ein gesetzliches Rechtsverhältnis, also kein Vertrag, und als Sonderfall der vorvertraglichen Vertrauenshaftung (c.i.c.) ausgestaltet, sodass die Minderjährigenschutz-Vorschriften der §§ 104 ff. BGB unanwendbar sind (vgl. Schwab, FamR, § 10 Rn.44, 27. A, 2019).
Keine Anwendung der Minderjährigenschutz-Vorschriften |
Theorie vom familienrechtlichen Vetrag sui generis
Nach der Theorie vom familienrechtlichen Vertrag sui generis stellt das Verlöbnis einen Vertrag dar. Jedoch finden die §§ 104 ff. BGB aufgrund des besonderen persönlichen Charakters des Verlöbnisses allenfalls eingeschränkt analoge Anwendung (vgl. Schwab, FamR, § 10 Rn.44, 27. A, 2019).
Keine oder analoge Anwendung der Minderjährigenschutz-Vorschriften |
Vertragstheorie
Nach der Vertragstheorie ist das Verlöbnis ein den §§ 104 ff. BGB unterliegender Vertrag. Vertragsinhalt ist v.a. die gegenseitige Verpflichtung zur künftigen Eheschließung. (vgl. Schwab, FamR, § 10 Rn.44, 27. A, 2019).
Anwendung der Minderjährigenschutz-Vorschriften |
Kann auf Eingehung der Ehe geklagt werden?
Nein, aus einem Verlöbnis kann nach § 1297 I BGB nicht auf Eingehung der Ehe geklagt werden.
Aus einem Verlöbnis kann kein Antrag auf Eingehung der Ehe gestellt werden.
§ 1297 I BGB
Zudem kann die Verpflichtung zur Eingehung der Ehe nach § 120 III FamFG nicht vollstreckt werden.
Die Verpflichtung zur Eingehung der Ehe und zur Herstellung des ehelichen Lebens unterliegt nicht der Vollstreckung.
§ 120 III FamFG
Ebenso darf nach § 1297 II BGB keine Vertragsstrafe (§ 339 BGB), für den Fall, dass es nicht zur Ehe kommt, vereinbart werden.
Das Versprechen einer Strafe für den Fall, dass die Eingehung der Ehe unterbleibt, ist nichtig.
§ 1297 II BGB
Welche Rechtswirkungen hat ein Verlöbnis?
- Vertrauensschutz (§§ 1298 – 1302 BGB)
- Zeugnisverweigerungsrechte (§ 52 I Nr.1 StPO, § 383 I Nr.1 ZPO)
- Erbrechtliche Gesichtspunkte (§§ 2275 III, 2279 II, 2290 III 2, 2276 II BGB)
- Privilegierung bei bestimmten Straftaten als Angehörige (§ 11 I Nr.1a StGB)
Welche Anprüche bestehen mit Beendigung des Verlöbnisses?
Ersatzpflicht bei Rücktritt, §§ 1298, 1299 BGB
Wenn ein Verlobter ohne wichtigen Grund vom Verlöbnis zurücktritt, hat dieser dem anderen Verlobten, dessen Eltern sowie Dritten, die anstelle der Eltern gehandelt haben, unter den Voraussetzungen des § 1298 BGB den Vertrauensschaden zu ersetzen.
Nach § 1299 BGB trifft diese Schadensersatzpflicht auch den Verlobten, der durch ein Verschulden, das einen wichtigen Grund für den Rücktritt bildet, den Rücktritt des Partners vom Verlöbnis veranlasst hat.
Rückgabe der Geschenke, § 1301 BGB
Sofern die Eheschließung unterbleibt kann jeder Verlobte nach § 1301 S.1. BGB vom anderen die Herausgabe der Gegenstände, die er dem anderen geschenkt oder zum Zeichen des Verlöbnisses gegeben hat, nach Bereicherungsrecht (§§ 812 ff. BGB) herausverlangen.
Nach § 1301 S.2 BGB ist im Zweifel anzunehmen, dass die Rückforderung ausgeschlossen sein soll, wenn das Verlöbnis durch den Tod eines Verlobten aufgelöst ist.
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