Beim Erlaubnistatbestandsirrtum (kurz: ETBI) stellt sich der Täter Umstände vor, bei deren Vorliegen sein Handeln gerechtfertigt wäre. Liegt dieser vor, ist die rechtliche Behandlung des Erlaubnistatbestandsirrtums zu problematisieren.
A. Streitstand
Streitstand: Rechtliche Behandlung – Erlaubnistatbestandsirrtum
I. Vorsatztheorie
Nach der Vorsatztheorie ist das Unrechtsbewusstsein ein Teil des Vorsatzes. Nach § 16 I 1 StGB entfällt wegen des (Erlaubnis)Tatbestandsirrtums der Tatbestandsvorsatz.
II. Strenge Schuldtheorie
Nach der strengen Schuldtheorie ist das Unrechtsbewusstsein ein selbständiges Schuldelement. Der Erlaubnistatbestandsirrtum wirkt sich auf den Schuldvorwurf aus und ist als Verbotsirrtum zu behandeln. Nach § 17 StGB entfällt die Schuld, wenn der Irrtum unvermeidbar war.
III. Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen
Nach der Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen sind Rechtfertigungsgründe Teil des Tatbestandes. Nach § 16 I 1 StGB entfällt wegen des (Erlaubnis)Tatbestandsirrtums der Tatbestandsvorsatz.
IV. Analoge (eingeschränkte) Schuldtheorie
Nach der analogen (eingeschränkten) Schuldtheorie ist das Unrechtsbewusstsein ein selbständiges Schuldelement. Bei Sachverhaltsirrtümern wie dem Erlaubnistatbestandsirrtum entfällt das Unrechtsbewusstsein und damit nach § 16 I 1 StGB die Vorsatzschuld.
V. Rechtsfolgenverweisende (eingeschränkte) Schuldtheorie
Nach der rechtsfolgenverweisenden (eingeschränkten) Schuldtheorie ist das Unrechtsbewusstsein ein selbständiges Schuldelement. Zwar weiß der Täter, dass er einen Straftatbestand erfüllt. Jedoch kann ihm kein Schuldvorwurf gemacht werden. Den Rechtsfolgen des § 16 I 1 StGB entsprechend entfällt die Vorsatzschuld.
B. Hinweis
Die rechtliche Behandlung des Erlaubnistatbestandsirrtums ist eins der wichtigsten Probleme im Strafrecht. Zum Lesen:
Wer bei Begehung der Tat einen Umstand nicht kennt, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört, handelt nicht vorsätzlich (§16 I 1 StGB).
Fehlt dem Täter bei Begehung der Tat die Einsicht, Unrecht zu tun, so handelt er ohne Schuld, wenn er diesen Irrtum nicht vermeiden konnte. Konnte der Täter den Irrtum vermeiden, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 StGB gemildert werden (§ 17 StGB).
LG JuraQuadrat · §² · Jura macht Spaß